Wie fühlt sich der Moment an, in dem man merkt, dass ein längst vergangener Science- Fiction-Traum Realität wird. Künstliche Intelligenz (KI) ist im Rechtsbereich angekommen – doch was bedeutet das wirklich? Und warum zögern viele Jurist:innen, sie in ihre Arbeit zu integrieren, obwohl die Vorteile auf der Hand liegen? Die Antwort liegt in einer Mischung aus traditioneller Zurückhaltung und handfesten praktischen Herausforderungen.
Das Potenzial von KI: Mehr als nur Zeitersparnis
Künstliche Intelligenz kann eine Vielzahl juristischer Aufgaben übernehmen, die bisher viel Zeit und menschliche Aufmerksamkeit erfordert haben. Doch ist KI im Rechtsbereich wirklich nur eine nette Ergänzung? Die Realität ist, dass ihre Einsatzmöglichkeiten weit über eine bloße Effizienzsteigerung hinausgehen. Angefangen bei der automatisierten Analyse und Kategorisierung von Dokumenten, über die Unterstützung bei der Recherche von Präzedenzfällen, bis hin zum Monitoren und Zusammenfassen neuer Gesetze oder Gerichtsenschteidungen: KI macht es möglich, dass Jurist:innen sich auf komplexere, wertschöpfendere, und strategische Tätigkeiten konzentrieren können. Dies wiederum könnte eine echte Revolution in der Art und Weise bedeuten, wie juristische Dienstleistungen erbracht werden.
Doch genau hier beginnt das Dilemma. So beeindruckend diese Technologien auch sein mögen, sie bringen nicht nur Chancen, sondern auch ernsthafte Risiken mit sich – insbesondere im Hinblick auf Vertraulichkeit, Haftung und Fehleranfälligkeit.
Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen der KI- Adoption
Daher bleiben trotz des offensichtlichen Potenzials viele Jurist:innen zurückhaltend, den Einsatz von KI zu priorisieren. Die Vorstellung, dass eine Maschine Entscheidungen trifft, erzeugt oft Unbehagen. Was, wenn die KI Fehler macht? Was, wenn sie etwas falsch interpretiert oder gar halluziniert? In einem Bereich, in dem Genauigkeit alles ist, können kleine Fehltritte schwerwiegende Folgen haben.
1. Risiken der Genauigkeit und Vertraulichkeit
Eine der größten Risiken ist die potentielle Fehleranfälligkeit von KI und das sogenannte
„Halluzinationen“. Dabei handelt es sich um Situationen, in denen KI-Modelle falsche, ungenaue, oder gar erfundene Informationen liefern, diese jedoch in einer überzeugenden Art und Weise präsentieren und somit fälschlicherweise richtig erscheinen lassen. Eine Verwendung solcher Ergebnisse könnte zu fatalen juristischen Fehlentscheidungen führen.
Ebenso problematisch ist das Thema Datenschutz und Vertraulichkeit. In einer Branche, in der die Geheimhaltungspflicht und der Schutz sensibler Mandantendaten an oberster Stelle stehen, birgt der Einsatz von KI-Technologien erhöhte Risiken hinsichtlich der Verarbeitung und Speicherung von Daten. Die Verarbeitung großer Datenmengen, oft in der Cloud, wirft Datenschutzfragen auf, die nicht nur die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) betreffen, sondern auch die Frage, wie diese Informationen vor unbefugtem Zugriff geschützt werden können.
2. Kultureller Widerstand
Neben den technischen Risiken spielen auch unternehmerische Faktoren eine Rolle. So sehen sich manche Jurist:innen durch die Automatisierung in ihrer berufliche Identität bedroht. Der Gedanke, dass Maschinen Entscheidungen treffen könnten, die bisher den Menschen vorbehalten waren, sorgt für Unsicherheit und Angst vor Jobverlusten. Bedenken, die leicht in Widerstands-Denken umschwenken können.
3. Fehlende Klarheit und Regulierung
Ein weiterer Faktor, der die Einführung von KI verlangsamt, ist der Mangel an klaren rechtlichen Rahmenbedingungen. Wer trägt die Verantwortung, wenn KI-generierte Ergebnisse falsch sind? Wie verhält es sich mit der Haftung, wenn eine Entscheidung aufgrund eines KI-Fehlers getroffen wird? Einige dieser Fragen bleiben noch weitgehend ungeklärt, und viele scheuen sich davor, in rechtliche Grauzonen vorzustoßen.
Lösungen: Der Schlüssel zur Überwindung der Hürden
Trotz dieser Herausforderungen gibt es klare Wege, um die Hürden der KI-Integration im Rechtsbereich zu überwinden. Mit dem richtigen Ansatz, und passenden Lösungen, kann die Branche von den Vorteilen der Technologie profitieren, ohne die Risiken zu ignorieren.
1. Rechtsspezifische KI-Modelle und maßgeschneiderte Lösungen
Einer der wichtigsten Schritte in Richtung einer erfolgreichen KI-Adoption ist die Entwicklung von rechtsspezifischen KI-Modellen. Der Großteil der aktuellen KI-Angebote im Rechtsbereich basiert auf allgemeinen Technologien, die nicht speziell auf die Feinheiten und Bedürfnisse der Rechtsbranche entwickelt wurden. Dies resultiert im Endeffekt oft in Unzufriedenheit und Misstrauen gegenüber diesen Anwendungen. Um das Vertrauen der Anwender:innen in der Branche zu gewinnen müssen KI-Tools, die in der Rechtsberatung eingesetzt werden, speziell auf die Nuancen des Rechtsbereichs zugeschnitten sein. Das betrifft nicht nur Arbeitsabläufe an sich, sondern auch die juristischen Feinheiten unterschiedlicher Rechtssysteme.
Darum entwickeln wir bei GesetzeFinden.at ein KI-Modell speziell für den österreichischen Rechtsmarkt. Die Entwicklung solcher maßgeschneiderter Lösungen erfordert eine enge Zusammenarbeit mit Anwender:innen aus der Praxis, um sicherzustellen, dass die Technologie den Anforderungen der Rechtsbranche gerecht wird. Aus diesem Grund arbeiten wir bei der Entwicklung unserer KI-Tools sehr eng mit juristischen Partnern zusammen. So auch bei unserem neuesten Projekt in Kooperation mit der Anwaltskanzlei CERHA
HEMPEL: einem KI-basierten Regulatory Monitoring, welches neue Gesetze, sowie Gesetzesänderungen, automatisiert erfasst, analysiert, und zusammenfasst.
Abgesehen von der Spezialisierung der KI-Anwendungen, muss ein ausreichendes Maß an Datenschutz und -sicherheit gewährleistet sein, um sicherzustellen, dass die strikten Anforderungen bezüglich Geheimhaltung und Verschwiegenheit erfüllt sind. Dabei spielt die Server-Infrastruktur eine wesentliche Rolle. So sollten KI-Systeme für den österreichischen Rechtsmarkt auf firmeninternen Servern, oder externen Servern innerhalb der EU laufen, um einen ausreichenden Schutz für sensible Mandantendaten zu erlangen.
2. Führungsstärke und Veränderungsmanagement
Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Unterstützung durch die Führungsebene, in Kanzleien sowie Organisationen. Nur wenn die Entscheidungsträger überzeugt sind und den technologischen Wandel aktiv vorantreiben, ist eine erfolgreiche Implementierung wahrscheinlich. Partner in Kanzleien und Führungspersonen in Organisationen müssen die Vorteile von KI deutlich machen und gleichzeitig die Bedenken und Ängste ihrer Mitarbeiter:innen ernst nehmen. Hier kann gezieltes Veränderungsmanagement helfen, den Übergang zu erleichtern und Widerstände abzubauen.
3. Schulungen und technologische Kompetenz
Zusätzlich spielt auch die Weiterbildung keine unwesentliche Rolle. Jurist:innen müssen geschult werden, wie sie KI effizient in ihre Arbeit integrieren können, ohne das Gefühl zu haben, dass ihre Expertise entwertet wird. Hierbei sind praxisnahe Anwendungsbeispiele empfehlenswert, um zu verdeutlichen, wie KI den Arbeitsalltag erleichtern kann.
4. Klarheit durch Regulierung
Schließlich muss der rechtliche Rahmen für den Einsatz von KI klarer definiert werden. Klare Leitlinien und gesetzliche Vorschriften zur Themen wie Haftung, etc. sind notwendig, um Vertrauen in die Technologie zu schaffen. Wenn Jurist:innen wissen, wie sie KI rechtskonform einsetzen können, wird die Akzeptanz deutlich steigen.
Fazit
Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, den Rechtsbereich nachhaltig zu verändern – doch dieser Wandel kommt nicht ohne Herausforderungen. Die Risiken von Fehlern, Bedenken hinsichtlich Vertraulichkeit und Datenschutz sind ernst zu nehmen, doch mit maßgeschneiderten Lösungen und klaren Rahmenbedingungen kann die Branche in seiner Digitalisierung markant voranschreiten. Für manche gilt es zudem KI als Werkzeug zu verstehen, das die menschliche Expertise erweitert, anstatt sie zu ersetzen.
Mit der richtigen Strategie wird die Rechtsbranche nicht nur effizienter, sondern auch zukunftssicherer aus diesem Wandel hervorgehen.